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Berühmte Eigenverleger der Gutenberg-Galaxis

Die Geschichte der Eigenverleger, wie Eduard Schönstedt sie grundlegend beschreibt, ist so alt wie das Verlegen selbst:

  • Der Nürnberger „Meistersinger“ Hans Folz (1440–1513), der für seine Fastnachtspiele zum Eigenverleger wurde, ist ein frühes Beispiel dafür.
  • Der Engländer Alexander Pope vertrieb seine Homer-Übersetzung selbst und wurde als Eigenverleger Millionär.
  • Friedrich Schiller brachte die Erstausgabe der Räuber als Eigenverleger auf den Markt.
  • Eigenverleger Klopstock verlegte sein Hauptwerk Der Messias mit gutem Gewinn.
  • Allerdings verlor Goethe Geld, als er seinen Götz von Berlichingen als Eigenverleger veröffentlichte.
  • Die Eigenverleger Winckelmann, Lessing, Leibnitz, Gleim und Bode waren prominente Beispiele im 18. Jahrhundert.  
  • Eigenverleger Edgar Allan Poe veröffentlichte 1827 einen Gedichtband unter dem Pseudonym From a Bostoner.
  • Eigenverleger Tolstoi musste für die Erstauflage seines Romans Krieg und Frieden ein kleines Vermögen aufbringen. Mit der Zeit wurde das Werk weltberühmt.
  • Eigenverleger Marcel Proust finanzierte sogar den Druck seines Romanzyklus Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.

Erfolgreich konnten sich Eigenverleger auf dem Markt behaupten, wenn sie bereits einen Namen hatten, wie etwa Eigenverleger Mark Twain, der seinen Huckleberry Finn über Agenten direkt an das Publikum verkaufte und schon in wenigen Wochen 50.000 Exemplare absetzte. Richard Wagner, Friedrich Nietzsche, Heinrich Mann und Hermann Hesse traten ebenfalls als Eigenverleger auf und ließen einige Buchtitel auf eigene Kosten drucken. Else Lasker-Schüler wurde zur Eigenverlegerin eines Buchs gegen die Verleger. Wieland Herzfelde, Gründer des Malik Verlags (1917), machte als Eigenverleger mit dem Aurora Verlag auf sich aufmerksam.

Die einzige historische Unterbrechung der Eigenverleger-Geschichte erfolgte im Dritten Reich durch ein Verbot der damaligen Reichsschrifttumkammer, die damit „literarisch wertlose“ und „für das Volkswohl (...) entbehrliche Literatur“ unterbinden wollte. In der DDR waren Eigenverleger ebenso unerwünscht.

Inzwischen veröffentlichen Eigenverleger so unterschiedliche Produkte wie die Jahrbücher der Gutenberg-Gesellschaft, „linke“ Bücher wie die des Frankfurter Eigenverlegers Henry Jaeger, der auf diese Weise über zwanzig teilweise verfilmte Manuskripte verlegt hat. Der aus der DDR abgewanderte Autor Erich Loest begegnete vorliegenden West-Angeboten als mutiger Eigenverleger, da er diese als Ausbeutung und ungenügende Achtung des Autors ansah.

Viele Beispiele zeigen: Keiner sollte seine Chancen als Eigenverleger unterschätzen. Das als Eigenverlegerin veröffentlichte Kochbuch einer Hamburger Hausfrau über die hanseatische Küche von 1910 ist durch die Mitarbeit eines professionellen Graphikers derart anmutig gestaltet worden, dass es 1980 faksimiliert wurde. Ein weiteres Beispiel ist das Kochbuch der Bayerin und Eigenverlegerin Julie Lutz, das seit 1927 in 28 Auflagen bis zum 265.000sten Exemplar neben dem Buchhandel verkauft worden ist, bevor ein Verlag es in sein Programm aufgenommen hat. So mancher Verleger, der heute zu den großen gehört, begann als Eigenverleger, etwa die Oldenbourg-Gruppe und Langenscheidt.


Als Beweggründe für Eigenverleger gibt es folgende plausible Erklärungen

  • Entweder, weil der Autor keinen Verleger findet, oder, wie die Frankfurter Buchhändler bereits im Jahre 1669 sagten, „mehreren gewinns und eigennutzes halber“.
  • Ein weiteres Motiv für Eigenverleger liegt in der Widerstandsmöglichkeit gegenüber (staatlichen) Zensurmaßnahmen – ein politischer Anspruch also, die „innere Zensur“ der Großverleger zu unterlaufen und sich keinem Lektoratsdiktat zu unterwerfen. 

Die Gegenwart kennt zahlreiche Facetten von Eigenverlegern: Es gibt in Frankfurt den Verlag der Autoren und einen Filmverlag der Autoren, die zwar keine Bücher machen, aber die Rechte ihrer Eigentümer, eben ihrer Autoren und Eigenverleger, gegenüber Bühnen, Film und Fernsehproduzenten vertreten. In Bezug auf die Mitbestimmung, Rechts und Gesellschaftsform lautet die Formel schlicht: „Der Verlag der Autoren gehört den Autoren des Verlags.“

Anfang der 1970er Jahre gab es im Bertelsmann Verlag eine Autoren Edition, in der ein Schriftstellerkollegium das Programm machte – eine ökologische Nische, die rasch wieder eingestellt wurde. Und es gibt seit 1973 in München/Schwabing die erste Autorenbuchhandlung, von Schriftstellern, Eigenverlegern und Lektoren finanziert und von Buchhändlern geführt, die nicht nur solche Bücher verkaufen, die im normalen Sortiment immer weniger Chancen haben, sondern der die Rolle eines literarischen Zentrums zugedacht ist.

Hinzu kommen weitere Autoreneditionen in diversen Verlagen, beispielsweise die Autorenbibliothek im VfA (Verlag freier Autoren, Fulda), einer Tochter der ADA (Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Autoren). Doch sind diese Initiativen weniger den Eigenverlegern, sondern eher den Selbstkostenverlagen zuzurechnen, da ihre Geschäfte mehr oder weniger seriös, kommerziell eher zum Nutzen des Verlags als der Autoren abwickeln. Zu nennen sind ebenfalls die Autoren-Selbstverlag GmbH oder der Verlag Grundlagen und Praxis GmbH & Co. – Wissenschaftlicher Selbstverlag KG (Leer). Zur absolut uneigennützigen Gruppe gehörte die Autoren-Edition wider besseres Wissen (Düsseldorf-Mettmann) und die Autoren-Initiative Köln. Bitte fragen Sie uns nicht, welche dieser Vereinigungen derzeit noch existieren.

Bekannte Eigenverleger der Gegenwart sind Klaus Staeck und Lothar-Günther Buchheim, der nach dem Krieg die Mehrzahl seiner rund drei dutzend Kunstbüchern nebst Bildpostkarten und Poster zuerst als Eigenverleger publiziert hat. Seine Frau machte den Vertrieb. Seit den 1960er Jahren vermarktet Eigenverleger Klaus Staeck bereits seine politische Graphik in eigener Regie – inzwischen liegt die Gesamtauflage der Postkarten, Plakate und Bücher bei mehr als 20 Millionen Exemplaren. In kleinerem Maßstab vertrieb Eigenverleger René Zey seine frühen Gedichtbände (Sommersemester, Wintersemester), indem er sie vor den Mensen zahlreicher Universitätsstädte verkaufte. Daneben belieferte er den örtlichen Buchhandel zu günstigen Konditionen. Eigenverlegerin Frederike Frei machte Anfang der 80er Jahre dadurch auf sich aufmerksam, dass sie bei der Frankfurter Buchmesse mit einem Bauchladen herumlief, aus dem sie einzelne Gedichte auf kleinen Zetteln verkauft hat.

Ein Fallbeispiel autonomen Verlegens (und Scheiterns) ist Eigenverleger Jörg Schröder. Die Akten der 150 Bücher seines März Verlags hütet inzwischen das Literaturarchiv in Marbach. Zu den Perlen seiner Editionen zählen Leonard Cohens Bücher und Bernward Vespers „Reise“, 1977. Eigenverleger Schröder hat viele einflussreiche Bücher gemacht und wenig zimperliche Marketingmethoden draufgesetzt. Die Gerichtsprozesse, die seine ersten autobiographischen Schriften (Siegfried, 1972, mit Ernst Herhaus verfasst) in Gang setzten, haben ihn nicht das Fürchten, aber eine List gelehrt: So erschienen Schröders weitere Memoiren im März-Desktop-Verlag in einer streng namentlichen Subskription. Auf diese Weise waren die delikaten Informationen über Rudolf Augstein, Axel Springer und andere illustre Personen der Zeitgeschichte jeweils bei den Lesern, bevor ein eilends bemühter staatlicher Arm den Text beschlagnahmen konnte. Kein Zweifel: Eigenverleger Jörg Schröder hat das Zukunftsmodell einer bestimmten Art von Verlegerei vorweggenommen: den Direktvertrieb vom Autor zum Leser per DTP. Künftig werden Books-on-Demand und eCommerce den Autoren noch wesentlich bessere Marktchancen eröffnen.


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